von Kathrin Röggla
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„Unsere Kinder sind unsere Zukunft!“
… hören wir überall. Auch im Ruhe-Abteil des ICE, in dem Kathrin Rögglas Kinderkriegen seinen Anlauf nimmt ... Doch lieber wäre es den Reisenden schon, wenn diese Zukunftsträger*innen nicht hier, sondern im Kinderabteil reisen würden…
Ganz schön viel Druck, der da auf den kommenden Generationen lastet: Die Zukunft sein, aber gleichzeitig nicht stören und sich anpassen. Ganz schön viel Druck, der da auf den Eltern lastet: Die Zukunft zukunftsfähig heranziehen und dabei gleichzeitig die totale Selbsterfüllung und wahnsinniges Eltern-Glück empfinden. Ganz schön viel Druck, der da auf Menschen lastet, die keine Kinder bekommen können oder wollen…: Nicht in der Lage, die Zukunft zu schaffen – da stimmt doch was nicht. Die Zukunft nicht schaffen wollen – da stimmt doch was nicht.
Die nächste Generation bleibt in Kinderkriegen 4.0 unsichtbar, stattdessen schubsen sich der SPÄTBERUFENE, die OMA, die ALTE MUTTER, die RABENMUTTER, der BUNDESTAGSABGEORDNETE, DER ENGAGIERTE und die KINDERLOSE in den Ring der Verurteilung. Die Figuren in Kinderkriegen 4.0 sind überzeichnete Karikaturen – und uns allen doch so nah. Sie forschen in Online-Foren (gespielt von dem Dortmunder Sprechchor) nach Tipps und Tricks, versuchen alles richtig zu machen, scheitern an den Erwartungen an sich selbst und geben den Druck, der auf ihnen lastet, weiter an andere. Es entsteht ein satirischer Horror-Tripp, aus dem niemand zu entkommen scheint.
Kinderkriegen wurde am Münchner Residenztheater uraufgeführt. Für das Schauspiel Dortmund hat Kathrin Röggla, die zuletzt mit dem Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis 2022 ausgezeichnet wurde, das Theaterstück gemeinsam mit der Regisseurin Julia Wissert und der Dramaturgin Hannah Saar aktualisiert. Entstanden ist: Kinderkriegen 4.0.
Alte Mutter
Antje Prust
Spätberufener
Ekkehard Freye
Oma
Martina Eitner-Acheampong
Rabenmutter
Nika Mišković
Bundestagsabgeordneter
Adi Hrustemović
Kinderlose
Linda Elsner
Der Engagierte
Christopher Heisler
Spieler*innen in der digitalen Welt
Marlena Keil,
Sprechchor Dortmund
Aus dem Dortmunder Sprechchor sind dabei Bärbel Schreckenberg, Birgit Rumpel, Gisela Tripp, Heike Lorenz, Maike Fischer-Wagner, Rita Wahle-Voss, Sabine Bathe-Kruse, Solveig Erdmann, Sylvia Reusse, Ulrike Späth
Regie
Julia Wissert
Bühne
Moïra Gilliéron
Kostüme
Nicola Gördes
Musik
Yotam Schlezinger
Video
Daniela Sülwold
Dramaturgie
Hannah Saar
Licht
Markus Fuchs
Ton
Christoph Waßenberg,
Gertfried Lammersdorf
Regieassistenz
Ludwig Robert Juhrich
Bühnenbildassistenz
Christiane Thomas
Inspizienz
Monika Gies-Hasmann
Soufflage
Ruth Ziegler
„‚Kinderkriegen 4.0‘ lüftet humoristisch durch, was an Erziehungs- und Rollenmodellen auf dem Markt ist. (…)
Kathrin Röggla legt den Streithähnen (und dem Chor im Video) fein gedrechselte, gallige Spitzen in den Mund. Sie kreiert Schlagworte wie Prekärglobalisierte und Elterndiktatur, spottet über die Mode-Diagnose ‚Hochbegabung‘.“
„Julia Wissert glückt mit ‚Kinderkriegen 4.0‘ eine turbulent inszenierte Komödie. (…)
Eine Menge Sorgfalt verwendet Wissert darauf, ihr kraftvoll agierendes Ensemble zu einer Einheit zu formen, jeder Darsteller bekommt seinen leuchtenden Moment. Ganz vorn mit dabei: die starke Nika Mišković als zornige Rabenmutter und die großartige Martina Eitner-Acheampong als Oma. (…)
Am Ende, soviel sei verraten, dreht Wissert mutig an der Spirale des Wahnsinns. Die rabiaten letzten zehn Minuten dieser Aufführung machen großen Spaß.“
„Das Ensemble spricht und spielt gut, strukturiert den Text, der ja keine Geschichte forttreibt, sondern eher ein Jelinek-artiges Assoziationsgeflecht darstellt, setzt Spitzen und Pointen, stellt sich zu ausdrucksstarken Tableaus auf.“
„Die durchweg starken Darsteller nutzen voller Spielfreude die Chancen, die sich da eröffnen. Wenn Bettina Engelhardt als Alte Mutter über ihr Leiden am Muttersein klagt (ihr Schlafzimmer sei gefüllt mit ihren Schlaflosigkeiten), wenn sie überall Bekannte trifft, aus Kita, Pekip-Gruppe, Babyschwimmen, Kinderturnen, da wird das Kinderbespaßungsprogramm absurd überzeichnet.
Man muss zum Beispiel Ekkehard Freye sehen, wie er mit einer Kettensäge erst ‚Schnauze‘ schreit und dann eine Suada gegen die Infantilisierung ausstößt, gegen ‚Holzikeagrashüpferwahnsinn‘, ‚Marienkäferschaumgummileidenswesen‘ und ‚Pawpatrolmaschinenfeuer‘. Wenn man wissen will, wie Ausflippen geht: Hier sieht man es. Großer Beifall.“
„Und der Text steht absolut im Fokus, die Figuren liefern sich auf diesem Steg so einen ganz starken Schlagabtausch, diskutieren, sind verzweifelt, schreien sich an. Besonders gut gefallen hat mir Martina Eitner-Acheampong als Oma und auch Nika Mišković als Rabenmutter.“