Dantons Tod und Kants Beitrag
Premiere am 14. September 2024 im Schauspielhaus
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Intendantin Bettina Kunstmann und ihr Ensemble hadern mit ihrem Theater und den Übeln der Welt. Nicht nur scheint die Verwirklichung der Ideale der Aufklärung ferner denn je, im Gegenteil: Statt Fortschrittsoptimismus herrscht Verzweiflung, statt zum Besseren scheint sich alles zum Schlechteren zu entwickeln. Das muss sich ändern, beschließen die wackeren Theaterschaffenden und besinnen sich auf den alten, größenwahnsinnigen Traum aller Künstler*innen: Die Welt nicht nur interpretieren, sondern wirklich verändern! Die Menschen endlich zum Handeln aktivieren! Und wie soll man das schaffen? Natürlich durch eine (Theater)Revolution! Genauer gesagt eine die Realität selbst übertreffende Inszenierung von Georg Büchners Drama Dantons Tod, das mit der Französischen Revolution das zentrale Ereignis der Aufklärung zum Thema hat.
Protagonisten sind auf der einen Seite der dekadente Revolutionsheld Danton und seine Freunde, denen der Glaube an die Revolution und die Freiheit gründlich abhanden zu kommen droht. Auf der anderen Seite der Sozialrevolutionär Robespierre und der fanatische St. Just, die der Meinung sind „Wer eine Revolution nur zur Hälfte vollendet, gräbt sich selbst sein Grab“. Und die um dieses Ideals willen sogar bereit sind, ihre ehemaligen Mitstreiter als Konterrevolutionäre aufs Schafott zu schicken. Euphorisch wird also die Theaterrevolution ausgerufen und der dreckigen Realität der Krieg erklärt – doch über das Wie kommt es schnell zu Differenzen. Und während sich die Fraktionskämpfe innerhalb der Truppe immer mehr verschärfen, verwirren sich auch noch die Grenzen zwischen Theater und Realität, zwischen den Konflikten der Ensemblemitglieder und denen ihrer Figuren im Stück. Ist Bettina Kunstmann noch Bettina Kunstmann oder schon der „Blutrichter“ Robespierre? Zeigt die Neue im Ensemble nicht bereits erschreckende Züge des Fanatikers St. Just? Werden etwa am Ende tatsächlich Köpfe rollen?
Nach seiner gefeierten Inszenierung Das Kapital: Das Musical begibt sich Regisseur Kieran Joel mit Dantons Tod und Kants Beitrag erneut auf eine humorvoll-existenzielle Tour de force durch die Metaebenen von Fiktion und Realität, Theater und Gesellschaft. Zwischen Schein und Sein, echten Idealen und falschem Theaterblut ringen hier die Protagonist*innen um die alles entscheidende Frage: Können wir uns und die Welt zum Besseren verändern? Oder gibt es tatsächlich keinen Ausweg aus dem „gräßlichen Fatalismus der Geschichte“?