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„Dass weniger auch mehr sein kann, zeigte die Premiere von Mozarts ‚Entführung aus dem Serail‘ zur Saisoneröffnung am Dortmunder Opernhaus. Unter den Sängern machte Sungho Kims schwärmerischer Belmonte und Denis Velevs wendiger Osmin – beides vielversprechende junge Stimmen – mit Nachdruck auf sich aufmerksam.
Dass aus der musikalischen Not ein szenisches Ereignis wurde, verdankte sich der ästhetischen Volte des für den Abend verantwortlichen österreichischen Regisseurs und Puppenspielers Nikolaus Habjan. Aus dem Geist von Mozarts Musik zauberte er ein Figurentheater auf die Bühne, das das spärlich zugelassene Publikum magisch in Bann zog, keine Sekunde langweilte und einen selbst die absurden Umstände, denen das Ganze abgerungen war, vergessen ließ. Für Habjan ist die ‚Entführung‘ weder harmlos exotisch noch krud realistisch, sondern ein Märchenspiel um die Irrfahrten der Liebe, die von Eifersucht, Hass und Rache nicht verschont bleibt.
Was vordergründig naiv-linear wirken könnte, ist in Wahrheit ein hochkomplexes Spiel auf mehreren Ebenen, das sich erst in der Wahrnehmung des Zuschauers zu einem Ganzen fügt. Denn das reale, vor unseren Augen ablaufende Puppenspiel (Manuela Linshalm) wird von multiplen Videosequenzen weitergeführt und überlagert. Einmal, da Habjan nicht alle Puppen gleichzeitig spielen kann, durch vorproduzierte Filmclips der Marionettenfiguren; zum andern durch eine Livekamera, die verfolgt, was auf der Bühne geschieht und dabei immer wieder auch die Gesichter der nicht mit den Puppen interagierenden Sängern überlebensgroß hochwirft. Alles was wir sehen, gleicht einem Traum – ein Zauber, der sich nur schwer in Worte fassen lässt.“
„In Nordrhein-Westfalen ist man etwas besser dran. Und man hat mehr Fantasie. Zum Beispiel an der Oper Dortmund. Diese 'Entführung' ist allerdings nicht nur Covid-praktisch. Sie hat Charme und Finesse. Das Theater Dortmund hatte, so lange ist das her, am 13. März 2020 mit der lediglich Kritikern offenen, als zweite Generalprobe deklarierten Premiere von Peter Konwitschnys Inszenierung der Auber-Grand-Opéra 'Die Stumme von Portici' die wirklich allerletzte spektakuläre Live-Premiere mitten im deutschen Corona-Lockdown gewuppt. (...)
Puppen haben kein Gewissen und keine Furcht. Sie sind naiv. Nikolaus Habjan und sein Co-Autor Paulus Hochgatterer machen sich dieses Prinzip so wissend wie wach zunutze. Im Orchestergraben tönen engagiert und gefasst ganze zehn Musiker unter Motonori Kobayashi (er war, wie auch der Belmonte Sungho Kim, schon bei der merk- wie denkwürdigen 'Muette' dabei), dünn, tapfer, aber auch konzentriert, auf das Mozart-Wesentliche beschränkt. (...) Nikolaus Habjan rafft Handlung, konzentriert sich auf Gefühle. Und lässt Mozarts Musik als optimales Charakterisierungswerkzeug doch erstaunlich viel Raum. Die Puppen sind traditionell gekleidet, er braucht keine Aktualisierung, keine Infragestellung vorgeblicher Orientalismus-Klischees und kritische Kolonialismus-Narrative. Die Figuren schert das nicht, die Kinderperspektive stellt ganz andere Fragen nach Gut und Böse, nach Treue, dem blind wütenden Osmin. All die gerade bei diesem so geradlinigen und doch heute so komplexen Stück oftmals nur verlegenen Regietheater-Rettungsversuche – sie fehlen mozartgottlob.“
„Die Idee, nicht nur einen Querschnitt durch die Oper zu zeigen, wie es viele andere Opernhäuser in diesen Tagen machen, weist allerdings in die richtige Richtung, denn so können unaufdringlich verschiedene Ebenen in das Werk miteinbezogen werden. (...)
Vor allem aber funktioniert das, weil Habjan seine Puppen so virtuos führt, dass der Zuschauer sie in kürzester Zeit als autonome Wesen akzeptiert, auch wenn stets sichtbar bleibt, dass sie von einem einzigen Menschen gespielt werden.
Vor allem Irina Simmes gelingt es als Konstanze mühelos, die Melancholie ihrer Rolle nachzuzeichnen. Die Stimme blüht auf, zeichnet in 'Ach ich liebte, war so glücklich' feine Linien und verharrt in Momenten des leisen Schmerzes über das entglittene Glück. Kraft und Entschlossenheit wechseln in 'Martern aller Arten' ab mit Momenten der Irritation über die selbst eingeredete Stärke, alles mit akkurat gesetzten Koloraturen, die stets emotional aufgeladen sind und nicht nur aus hart gestanzten Tönen bestehen.
Die Blonde von Sooyeon Lee fügt charmante Koketterie hinzu, wenn sie Osmins Werben zurückweist, und Fritz Steinbacher ist ein Pedrillo mit Verschlagenheit und charaktervoller Gewandtheit. Eine Freude ist auch Sungho Kims Belmonte, der seine leicht angesetzte Höhe mit einer Freude am Gesang verbindet, die der Siegesgewissheit des zuversichtlichen Liebhabers ideal entspricht.“
„Die Oper Dortmund hat aus der Corona-Not das Beste gemacht und Mozarts Singspiel in einer 80-minütigen, pausenlosen Kammermusikfassung herausgebracht. Gespielt wird die Geschichte von Puppen; die sechs Solisten leihen ihnen im Hintergrund – mit Abstand – ihr Stimmen. Es ist ein Kompromiss – sicher. Aber so kann es gehen während der Pandemie. Und im Dortmunder Opernhaus, das nur mit knapp 300 Zuschauern besetzt ist, fühlt man sich wirklich sehr sicher. (...) Wer die Oper vermisst hat, bekommt mit dieser Entführung das, was derzeit möglich ist. Kreativ umgesetzt, toll gesungen und gespielt.“
„Aus dem Orchestergraben heraus wird (stellenweise) abgefilmt, sodass die vor Sehnsucht überquellenden Puppenaugen des Belmonte oder die tumbe Hässlichkeit des dicken Osmin nebst ausdrucksstarker Puppengesten im Videoscreen über die ganze Bühnenbreite zu sehen sind, etwa Osmins 'Ich hab auch Verstand' mit opernparodierendem, überdeutlichem Handschlag gegen Herz und Stirn. Urkomisch! (...)Aus dem Solistenensemble begeistern vor allem die beiden südkoreanischen Ensemble-Neuzugänge Sooyeon Lee (mit federleicht intoniertem Sopran als Blonde) und Sungho Kim (Belmonte), dazu mit vertrautem Koloratur-Schmelz Irina Simmes als Konstanze sowie Fritz Steinbacher (Pedrillo) und Denis Velev (Osmin).“
„Unter einem orientalischen, von Jakob Brossmann fantasievoll gestalteten, Baldachin erzählt Habjan seinem kindlichen Kompagnon die Abenteuer Belmontes wie ein Märchen aus 1001 Nacht. (...) liebevoll ausgeführt und hat durchaus Charme.“
„Mit Mozarts 'Entführung aus dem Serail' hat der neue Hausregisseur der Oper Dortmund, Nikolaus Habjan, eine interessante Inszenierung auf die Bühne gebracht, eine Mélange sozusagen aus konzertanter Aufführung, halbszenischer Darstellung, Puppentheater und Videoinstallation. (…) Die auf ein Ensemble von zehn Musikerinnen und Musikern zusammengeschrumpften Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi musizieren filigran und präzise. Insgesamt ein recht amüsanter Abend, der von viel Einfallsreichtum zeugt.“