Quartett
Sex ohne Liebe? Zwei Menschen, die einst eine Beziehung miteinander führten, haben sich hierfür entschieden. Dauerhaft. Mit wechselnden Partnern, nicht unbedingt miteinander. Doch was vielleicht aus Langeweile begann, wandelt sich in ein sehr ernstes Spiel um Lebensbestimmung und um Macht. Ein Rededuell über das menschliche Miteinander, das weit über beliebige Liebespiele hinausgeht. Und zugleich aufzeigt, in welcher Endzeitstimmung sich dieses Paar befindet, das trotz allem eine enge Verbindung miteinander pflegt. Eine Mischung aus Lebensbefragung und amüsantem Aufs-Korn-nehmen weiblicher und männlicher Erotik.
Quartett ist eine Vertonung von Heiner Müllers gleichnamigen Schauspiel, das den berühmten Briefroman Gefährliche Liebschaften (Choderlos de Laclos) zur Grundlage hat. Angesiedelt im dekadenten Frankreich des späten 18. Jahrhunderts, aber auch in einem Bunker nach dem (fiktiven) 3. Weltkrieg, wird die Verführung zum allbestimmenden Lebensinhalt. Der italienische Komponist Luca Francesconi nutzt dies für eine starke musikalische Farbigkeit, die sich in „Traum“-Sequenzen schwelgerisch zeigen kann, in anderen Momenten kammermusikalisch wirkt und dann wiederum in eine elektronisch gestützte sehr moderne Klangfarbe wechselt.
Der gebürtige Mailänder, der bei Stockhausen und Berio studierte, beherrscht die Klaviatur der Neuen Musik, scheut jedoch nicht davor zurück ein zeitloses Sujet auch mit traditionellen Kompositionsweisen zum Klingen zu bringen.
Die szenische Umsetzung von Quartett übernimmt Ingo Kerkhof, ein ursprünglich aus dem Schauspiel stammender Regisseur, der bekannt ist für sein feinsinnig durchdringendes Ausloten von Partituren. Insbesondere hat er sich um Unbekanntes und Neues verdient gemacht: an der Staatsoper Berlin (Amor vien dal destino von Agostino Steffani, Lohengrin von Salvatore Sciarrino) oder am Theater Heidelberg mit den Zweitinszenierungen von Wolfgang Rihms Dionysos oder Georg Friedrich Haas' Morgen und Abend.