Viva la Diva
Die Zeit des italienischen Belcanto ist das Zeitalter der großen Primadonnen. Wie kaum ein anderer Komponist verstand es der 1797 in Bergamo geborene Gaetano Donizetti, die herzzerreißenden Schicksale und das sehnsuchtsvolle Liebessehnen seiner Opernheldinnen in seiner Musik wie durch ein Brennglas zu vergrößern, ihre Gefühle auf der Opernbühne ins Unermessliche zu steigern und dadurch das Publikum in ganz Europa – von Rom über Wien bis nach Paris – zu rühren, zu erheitern und zu begeistern.
In der Dortmunder Operngala Viva la Diva, mit Ausschnitten aus Belcanto-Opern von Gaetano Donizetti, werden einige dieser imposanten Frauenfiguren einander gegenübergestellt – ob die kecke Pächterin Norina in Don Pasquale oder die opportune Gutsbesitzerin Adina in L’elisir d’amore, ob die tragische Titelheldin in Lucia di Lammermoor oder die von unstillbarem Liebesschmerz getriebene Königin Elisabetta in Roberto Devereux, mit all diesen Frauengestalten trug Donizetti maßgeblich zur Herausbildung des Figurentypus der Primadonna assoluta bei. Diesem wird auf Dortmunds Opernbühne von den beiden Ensemblemitgliedern Sooyeon Lee (als Adina und Lucia) und Anna Sohn (als Norina und Elisabetta) ein glanzvoller und lebendiger Ausdruck verliehen.
Programm
Don Pasquale: Ouvertüre 2. Akt, Szene 3 – 5 („Via, da brava …“)
Anna Sohn (Norina), Ks. Morgan Moody (Don Pasquale), Alex Martini (Dottor Malatesta), Sungho Kim (Ernesto), Jean Vendassi (Un Notaro)
L’elisir d’amore: 2. Akt, Finale („Quanto amore!“)
Sooyeon Lee (Adina), Denis Velev (Dulcamara), Sungho Kim (Nemorino), Opernchor Theater Dortmund
– Pause –
Lucia di Lammermoor: Preludio & 1. Akt, Coro e Scena („Percorrete …“)
Sungho Kim (Normanno), Opernchor Theater Dortmund
3. Akt, Szene 1 (Wahnsinnsszene)
Sooyeon Lee (Lucia), Denis Velev (Raimondo), Sungho Kim (Normanno), Alex Martini (Enrico), Opernchor Theater Dortmund
Roberto Devereux: 3. Akt, Szene 6 („E Sara in questi orribili momenti“)
Anna Sohn (Elisabetta), Sungho Kim (Cecil), Natascha Valentin (Sara), Jean Vendassi (Nottingham), Opernchor Theater Dortmund
„Und auch Tenor Sungho Kim wird das Publikum gewiss zu Jubelstürmen hinreißen: Er singt die „Liebestrank“-Arie ‚Una furtiva lagrima‘ mit wunderbarem Schmelz und herrlich frei und weich klingendem Belcanto-Tenor.
Anna Sohn ist die Königin der Gala, die die Dortmunder Philharmoniker unter Motonori Kobyashi begleiten. Als Norina im ‚Don Pasquale‘ zeigt sie mit viel Anmut auch koketten Witz, führt ihren Sopran leicht und zeigt sehr schön, dass sie nicht nur eine tolle Interpretin der großen, tragischen Frauenfiguren ist, sondern auch eine charmante Buffo-Sängerin.
Mit überwältigender Intensität gestaltet Anna Sohn die Szene der Königin, durchleuchtet die Figur mit der Stimme differenziert und zeigt überragend, dass sie auch eine großartige dramatische Koloratur-Sopran mit viel Glanz in der Stimme ist.
Sooyeon Lee kennt das Publikum in diesem Stimmfach schon als Königin der Nacht. Bei der Gala ist sie eine entzückende Adina im ‚Liebestrank‘, dann eine wahnsinnig gute Lucia di Lammermoor.
Bariton Morgan Moody ist als ‚Pasquale‘ mit rossinihaftem Witz ein großartiger Komödiant. Auch der Opernchor und die anderen Solisten machen die Gala auf der sommerlich weiß dekorierten Bühne zu einem Fest, das mit dem Finale des ‚Liebestrank‘ endet. Nicht verpassen!“
„Motonori Kobayashi dirigierte die Dortmunder Philharmoniker, das Ensemble der Oper fuhr seine Stärken auf. Morgan Moody kann andernorts subtiler Sängerdarsteller sein, aber wenn es eine Szene hergibt, wird er zum Bühnentier.
Moody sang geschmeidig und tauchte in der Zugabe, dem Solo des Scharlatans Dulcamara (Denis Velev), auf, um Flaschen mit rotem Inhalt ans Publikum auszuteilen.
Kim bot einfühlsam den Tenorhit ‚Una furtiva lagrima‘ aus dem ‚Liebestrank‘, übte Pianakultur und weiche Phrasierungen. Velevs Dulcamara stritt lebhaft Sooyeon Lees Adina herum.
Dortmund hat starke Frauen im Opernensemble. Lee sang eine kokette, glitzerige Adina und spielte sie als keckes Weibsbild (…).
Sooyeon Lee hat ein warmes Timbre. Geschmeidige Koloraturen, gleißende Spitzentöne hat Lee zu bieten und begeisterte damit besonders. Der Chor, gewohnt sorgfältig einstudiert von Fabia Mancini, bereitete Lees Lucia eine angemessen düstere Umgebung.
Anna Sohn ist in Dortmund eine sichere Bank für emotionale Rollen mit Gefühlsausbrüchen, die mit sicherer Gesangskultur dargeboten werden. Sie sang die ‚Don Pasquale‘-Norina stilsicher zwischen falscher Mädchenhaftigkeit und kalter Xanthippen-Wut, als sie Pasquale ihr wahres Gesicht zeigt.
Der Höhepunkt war Sohns Darstellung der Elisabetta in ‚Roberto Devereux‘.
Anna Sohn bot volle, kontrollierte Töne, rund und leuchtend bis in die Spitzen, sorgfältige Phrasierungen und eine eisige, beherrschte Bühnenpräsenz.“
„Zum Abschluss der Spielzeit feiert die Oper Dortmund mit Auszügen aus vier Opern in einer festlichen Belcanto-Gala Donizettis ‚Diven‘ und kann mit zwei Ensemble-Mitgliedern aufwarten, die diesen Namen auf jeden Fall verdienen: Anna Sohn und Sooyeon Lee. Opern-Intendant Heribert Germeshausen führt dabei fachkundig als Moderator durch das Programm.
Morgan Moody schlüpft mit großartiger Komik in die Rolle der skurrilen Titelpartie und spielt die Szene mit großem Witz aus, bevor die Musik überhaupt beginnt.
Das alles wird von Sohn, Moody und Martini stimmlich überzeugend und mit großem Spaß umgesetzt.
Während Velev mit profundem Bass und herrlicher Komik seinen Trank anpreist, durchschaut Lee mit keckem Sopran sein falsches Spiel und will einen anderen Weg suchen, um Nemorino für sich zu gewinnen.
Kim punktet mit lyrisch angesetzten Höhen und bewegt in seiner Interpretation zutiefst. Das gehört zwar eigentlich nicht in einen Abend, in dem die großen Opern-Diven gefeiert werden sollen, hat aber ebenfalls als Glanzpunkt des Abends etwas ‚Divenhaftes‘.
Nach dem eindrucksvoll von den Dortmunder Philharmonikern interpretierten Preludio und der ersten Szene mit Kim als Normanno und dem Chor geht es direkt in die Wahnsinnsszene aus dem dritten Akt über.
Hier lässt die szenische Umsetzung wirklich gar nichts vermissen, und man wird regelrecht in die Tragik hineingezogen.
Majestätisch schreitet Anna Sohn in schwarzem Kleid auf die Bühne und wartet auf Sara, die ihr den Ring überbringen soll. Mit großartig angesetzten Koloraturen und intensivem Spiel verfällt Sohn nach der Hinrichtung dem Wahnsinn und zeigt beeindruckend den Untergang einer großen Opernheroine.
Jean Vendassi stellt als Herzog von Nottingham mit dunklem Bass-Bariton unter Beweis, dass er neben dem komödiantischen Notaro aus ‚Don Pasquale‘ auch einen finsteren Bösewicht verkörpern kann. Natascha Valentin punktet als Sara mit warmem Mezzosopran. Auch der Opernchor kommt in der Schlussszene mit fulminantem Klang zum Einsatz.
Das Publikum bedankt sich für diese Auszüge mit frenetischem Applaus, so dass es noch eine Zugabe gibt (…).
Die festliche Belcanto-Gala bietet einen großartigen Spielzeitabschluss auf hohem musikalischem Niveau.“