Der Traum der roten Kammer

Hintergründe und Entstehung eines Balletts

Launen der Glücksgöttin

Seine Brüder beschreiben den 1715 (oder 1724) in Nanking geborenen Cáo Xuěqín, Sohn einer han-chinesischen Dynastie, als einen wohlbeleibten und dunkelhäutigen Mann. Ein begabter Maler, lebenslustig. Der Cáo-Clan gehört den „Acht Bannern“ an, den militärisch bedeutsamen Verwaltungseinheiten, in die die Qing-Dynastie die mandschurischen Familien gliedert. Sein Großvater soll Weggefährte und Vertrauter von Kaiser Kangxi gewesen sein. Mit neun Jahren muss Cáo Xuěqín erleben, wie sich die Glücksgöttin Gong De Tian von seiner Familie abwendet: Yongzheng folgt Kaiser Kangxi auf den Drachenthron. Bei einer Säuberungsaktion wird der Familienbesitz konfisziert.

Sein Leben bestreitet Cáo Xuěqín mit dem Verkauf eigener Bilder und als Lehrer für die Kinder mandschurischer Adeliger und Bannerleute. Von buddhistischen Mönchen und Dorfschullehrern lässt er sich aus dem Leben von Menschen erzählen, die noch ärmer sind als er. – Nein, mit dem zarten, ätherischen, weltabgewandten und verwöhnten Haupthelden seines Romans, der sich die Zeit mit Spiel und Tändelei vertreibt, hat Cáo Xuěqín nicht viel gemein. Von Entbehrung und Krankheit gezeichnet, folgt er 1763 (?) im Abstand nur weniger Wochen seinem Sohn ins Grab nach.

Seine Hinterlassenschaft besteht aus 80 Kapitel eines Romanfragments, von dem schon in den letzten Lebensjahren des Autors einige Auszüge unter dem Titel Shítou Jì (Die Geschichte des Steins) kursieren. Erst 28 Jahre nach dem Tod Cáo Xuěqíns werden dann die 120 Kapitel des Romans von Tscheng Wie-Yüan und Gao È ediert. Lange geht die Wissenschaft davon aus, letzterer habe die fehlenden vierzig Kapitel selbst verfasst, neuere Forschungen meinen, dass die Herausgeber wahrscheinlich den ungeschliffenen Handlungsverlauf glätteten und Entwürfe Cáo Xuěqíns vervollständigten.

Bereits in den überlieferten Originalhandschriften finden sich zahlreiche Retouchen des Autors, der real existierende Persönlichkeiten nicht mit seinem Werk kompromittieren wollte. Die Rückverlegung der Handlung von der gegenwärtigen Qing- in die vergangene Ming-Zeit und die Entschärfung des Endes – die Abkehr des Haupthelden von der irdischen Welt und seine Hinwendung zum Mönchstum – sind der kaiserlichen Zensur geschuldet.